Was ist „Welten und Kulturen“?

Ich nehme an, es ist nicht verkehrt, „Welten und Kulturen“ als Reiseblog zu bezeichnen. Was ich zeige sind Aufnahmen, die größtenteils auf Reisen entstanden sind, und ich beschreibe mein Erleben dieser Orte in den Beiträgen auf dieser Seite. Die „Top 5 der besten Sehenswürdigkeiten“ oder „10 Dinge, die Du in X unbedingt gesehen haben musst“, wird es es hier nicht geben – es sei denn vielleicht in einer ironischen Brechung.

Ich habe mich bei der Lektüre von Reiseblogs immer phänomenal gelangweilt. Es ist einfach nur nicht mein Geschmack. Warum? Nun: Entweder lese ich darin, was mir auch ein Blick in Wikipedia oder Google Maps verrät, angereichert mit Instagram-tauglichem Bildmaterial. Der Vorteil solcher Blogs besteht darin, dass man sich den Kauf eines Standard-Reiseführers damit endgültig erspart.

Nicht, dass wir uns missverstehen: Das ist ja durchaus hilfreich. Insbesondere, wer eine neue Destination besucht und in kurzer Zeit möglichst viel von dem sehen möchte, was „man“ so gesehen haben muss. Ich bin nur keiner dieser Menschen.

Gibt es keine anderen Reiseblogs? Ja, natürlich – es gibt auch die, die vom persönlichen Reiseabenteuer berichtet. Auch die haben mich nie wirklich fesseln können; denn in aller Regel sind die kulturellen Einsichten, die geboten werden, beschränkt. Dazu sind die Blogger nicht lange genug vor Ort. Und die Abenteuer oft nicht wirklich abenteuerlich. Ob Peter am Fuße des Himalaya Paul getroffen hat und mit dem in irgendeiner einer Kaschemme („Geheimtipp“!) versackt ist – es interessiert mich nicht wirklich.

Das liegt natürlich an meiner Art zu reisen und an dem, was mich persönlich interessiert.

Es ist vermutlich schon ein Skandal, wenn ich sage: Ich reise eigentlich nicht um der menschlichen Begegnungen willen. Könnte ich einen Mantel umwerfen und im Unsichtbarkeitsmodus nur beobachtend und still wahrnehmend reisen – das wäre was!

Ich habe, insbesondere ob ihrer poetischen Qualität, immer gerne Reiseberichte aus dem 18. und 19. Jahrhundert gelesen. Natürlich verdanken sie ihre poetische Qualität auch zu einem Teil ihrer zeitlichen und dadurch mit bedingten sprachlichen „Entrücktheit“. Es ist aber noch etwas anderes. Natürlich handeln diese Berichte auch von menschlichen Begegnungen, und haben zumeist den Anspruch etwas durchaus „Objektives“ zur Darstellung zu bringen. Die Verfasser sind aber natürlich deutlich subjektiver, als sie sich selbst wähnen. Dies ist allein schon dadurch bedingt, dass die Möglichkeiten der Verständigung mit den fremden Kulturen sehr stark eingeschränkt war.

Auch wenn wir heute auch nicht immer die Sprache der lokalen Bevölkerung sprechen, ist das natürlich mit solchen Begegnungen gar nicht zu vergleichen: Die Globalisierung, die Verbreitung des Englischen als Lingua franca, all das hat dazu beigetragen, dass der Eindruck der Fremdheit – und auch deren Ausdruck – heute deutlich reduziert ist. Das ungläubige Staunen, das aus den frühen Reiseberichten herauszuhören ist, erleben wir heute kaum noch.

Und dennoch gibt es ein poetisches Staunen über die Welt. Es ist das radikal Subjektive, das wir erleben können und das wir, als Dichter, auch ausdrücken können. Wir, die schreiben oder anderweitig künstlerisch tätig sind, leben immer schon in einer Augmented Reality. Je reicher unser Innenleben, desto mehr sind wir in der Lage, unsere Sinneswahrnehmungen anzureichern und in einen künstlerischen Ausdruck zu verwandeln.

Und genau so eine Art Blog soll „Welten und Kulturen“ sein – ich will es, weil jedes Ding einen Namen braucht, einmal einen „poetischen Reiseblog“ nennen. „Welten“ und „Kulturen“ bezieht sich also gleichermaßen auf das physische besuchte Außen wie auf das erlebte Innen, das in poetischen Reisebeiträgen seinen Ausdruck findet.